Posted on Juni 20, 2015 by Marco
Dem geneigten Lateiner wird die singuläre Wortwahl dieser Lakonie aufstoßen, denn in Wirklichkeit war unser Fangerfolg eine Gemeinschaftsleistung.
André, der zwar zu faul zum Bloggen ist, aber im Herzen schon vollakzeptierter Teil von WFHR!, Andrea und meine Wenigkeit haben mal wieder eine Nacht am Rhein verbracht.
Und wie immer wenn André mit am Wasser ist schien Petrus schlechte Laune zu haben.
Als wir gegen 16:00 Uhr in Langel ankamen bewegte sich die Temperatur noch irgendwo bei 36° C und die nächste schattenwerfende Erhöhung war außer Sichtweite.
André und ich machten es uns also erstmal mit einem kühlen Getränk im Buhnenbecken gemütlich und warteten auf Andreas Feierabend.
Gegen 20:00 Uhr war die Temperatur auf ein erträgliches Maß gesunken und auch Andrea hatte den Weg zum Wasser gefunden. Unsere bisherigen Angelversuche hatten uns schon eine Tüte voller Grundeln beschert, jede andere Spezies schien unter der Hitze genau so zu leiden wie wir.
Um den Sommerabend genießen zu können entschieden wir uns, einige Grundmontagen auszubringen um so den ein oder anderen Zander aus der Reserve zu locken ohne uns von unseren Plätzen bewegen zu müssen.
Die einzigen aktiven Räuber die wir zu diesem Zeitpunkt ausmachen konnten waren ganze Schwärme von Mücken. Unsere Motivation zum Spinfischen tendierte also gegen Null.
Pünktlich zum Sonnenuntergang, die letzten Strahlen waren gerade hinter dem Horizont verschwunden, schlug auch schon ein Bissanzeiger an und Andrea konnte ihre erste Zanderkerbe in die Angel schnitzen.
Nachdem wir den Meilenstein ausreichend gewürdigt und begossen hatten bemerkten wir den aufgefrischten Wind und die aufziehenden Wolken. Die Entscheidung sich langsam in die Schlafsäcke zu verkriechen musste daher nicht lange verhandelt werden.
Andrea und ich bezogen mit den ersten Nieseltropfen unser Zelt während André, ganz der Minimalist, in seinen Biwakschlafsack kroch.
Wenige Minuten später konntenwir das jedoch als dumme Idee verbuchen: das einsetzende Gewitter und der d amit verbundene Wolkenbruch haben nicht nur das Festival “Rock am Ring” ordentlich durcheinander gebracht sondern auch uns auf eine harte Probe gestellt. Es dauerte nur wenige Minuten bis André zu der Einsicht kam, dass Vernunft über Ego gestellt werden sollte und buchstäblich begossen zu uns ins Zelt flüchtete. Zu dritt verbrachten wir also eine, nun, nennen wir es kuschelige, Nacht im Unwetter. AnSchlaf war bei der Geräuschkulisse natürlich kaum zu denken und entsprechend gerädert krochen André und ich gegen halb sechs auch wieder aus dem Zelt um Kaffee aufzusetzen.
Und mit dem Kaffeeduft und den ersten Sonnenstrahlen begann unser Siegeszug:
Den Anfang machte Andreas Aal, eine weitere Premiere!
Direkt darauf legte Andrés Rute einen so brachialen Run hin, dass wir schon dachten die Schnur wäre von einem stromabwärtsfahrenden Kahn mitgenommen worden.
Bis André den Anschlag gesetzt hatte waren schon etliche Meter Schnur im Rhein verschwunden. Seine untertellergroßen Augen beseitigten schnell letzte Zweifel: Fisch!
Die Euphorie über “irgendwas Kapitales” schlug jedoch schnell in Nervosität um als klar wurde, dass der noch unbekannte Fang
a) einen mordsmäßigen Drill lieferte und keinen Zweifel daran ließ, dass er von der Idee eines Landgangs keineswegs begeistert war, und
b) André mit einem Maiskorn und einer Made an einem 0,18er Vorfach kaum auf etwas vorbereitet war, das eine Kampfkraft an den Tag legte wie das Monster von Loch Ness.
Leider waren wir alle zu beschäftigt damit die Landung vorzubereiten, so dass niemand genau sagen kann wie lange der Drill gedauert hat. Die gefühlte Ewigkeit wird sich in der adrenalinbefreiten Realität auf 10 Minuten beschränken, vergessen werden wir, und besonders André, das Ganze jedoch nicht so schnell.
Um so glücklicher war er dann auch, als wir seinen lange ersehnten Zielfisch vor uns hatten: eine 64 cm große Barbe, ein echter Torpedo aus der Hauptströmung des Rheins.
Das war mit Sicherheit der Höhepunkt des Tages, keinesfalls aber das Ende. Andrea und André konnten innerhalb der nächsten Stunde noch 5 sagenhafte Rotaugen landen, in deen Größen von 32 – 38(!) cm.
Mir selbst blieb nur übrig mit offenem Mund zuzusehen und mich über meinen 28er Barsch zu freuen.
Unser Angeltrip wird uns wohl lange unvergesslich bleiben. Und nicht nur aus Schaden wird man klug, denn einige Lektionen konnten wir wieder mit nach Hause nehmen, sowohl technisch als auch mentaler Natur:
Eindeutig. Bei Wind und Wetter die Segel zu streichen, dem Unwetter auszuweichen und uns auf Wohlfühlzonen und Schönwetterangelei zu beschränken bringt uns nicht nur um Zeit am Wasser sondern auch um Erfahrung.
Wir haben den Rhein verflucht. Mehrfach. Ausdauernd.
Wir haben uns geschworen, keine Jahreskarten mehr zu kaufen. Wir haben aufgerechnet, wie viele Köder Väterchen Rhein schon verschlungen hat. Mit bittersüßer haben wir rezitiert:” Der Rhein gibt und der Rhein nimmt”.
Aber dennoch zieht es uns immer wieder hin. Den wenn man ihn zu nehmen weiß, dann kann der Rhein spendabel sein. Was er aber immer sein wird, das ist geheimnisvoll und verschwiegen. Keine Köderwahl, keine Montage und keine Vorbereitung kann uns nämlich sagen, was am Ende anbeißen wird. Es ist die große Unbekannte, warum ich 10 Rotaugen am Stück fange und dann ein Döbel einsteigt. Oder warum ich dutzendfach Hardbaits bei der Zanderjagd versenke und dann in der Aalnacht plötzlich ein Stachelritter die Rute biegt.
Und wisst ihr was? Ich will es auch gar nicht wissen!
Ich will die Überraschung. Ich will die Frustration, den Zweifel, den Erfolg und die Bestätigung. Denn ohne all das wäre ich kein Allrounder. Ich wäre kaum noch ein Angler. Ich wäre Freier im Forellenpuff oder Pay-Lake-Tourist.
Ich wäre einfach nicht glücklich.
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